Maschinenfabrik Berthold Hermle AGMaschinenfabrik Berthold Hermle AG

C52 | C 42 | Bravotech | Wenn sich Mut zum Risiko auszahlt 

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Von links: Victor D'Haese und Johan Hoeckman, Maschinenbediener, neben Bravotech-Eigentümer Bram Vergote sowie die Maschinenbediener Tom Lasseel und Steven Van Der Meirsch neben dem  Außendienstmitarbeiter John Verlinden von der Hermle Nederland B.V.

Bravotech versteht es, komplexe Geometrien und perfekte Oberflächen zu fertigen. Das Feedback und die steigende Auftragslage bestätigen das und bringen den belgischen Lohnfertiger dazu, regelmäßig seinen Maschinenpark um 5-Achs-Bearbeitungszentren von Hermle zu erweitern. Er schätzt die Präzision, die manuelles Nacharbeiten nahezu überflüssig macht.

Wer sich mit Bram Vergote unterhält, merkt schnell: Er ist ein technikbegeisterter Adrenalin-Jäger. Er liebt Motorradrennen und beweist oft Mut zum Risiko – sowohl im Offroad-Gelände als auch bei unternehmerischen Entscheidungen. Die Faszination für Motoren entdeckte er bereits mit elf Jahren, als er den stillgelegten Citroen 2CV seiner Mutter auseinanderbauen und untersuchen durfte. Das Interesse für Mopeds und Go-Karts kam später hinzu. „Mit Motorrädern und Motoren begann auch mein Unternehmen“, erzählt Vergote, Gründer und Geschäftsführer der Bravotech bvba. 2001 beendete er die Schule, 2004 kaufte er seine erste manuell zu bedienende Fräsmaschine, um Teile für sein Motorrad zu bearbeiten. Ein halbes Jahr später investierte er in seine erste CNC-Maschine und fertigte auch für andere. Abends und am Wochenende widmete er sich seinem Geschäft, während er tagsüber in einer Firma arbeitete, die Dampfkessel herstellte. „Das habe ich zwei Jahre lang gemacht, dann sprang ich dort ab und kehrte nie wieder zurück – zumindest nicht als Mitarbeiter“, berichtet Vergote. Kontakt zu seinem ehemaligen Chef habe er auch heute noch, da er von Zeit zu Zeit Kleinteile für die Firma herstelle.

Bravotech ist heute ein erfolgreicher Lohnfertiger im belgischen Oudenaarde, der Formwerkzeuge für Hartschalenkoffer, Schaufeln und Turbinenräder für Kompressoren und Pumpen sowie Motorkomponenten wie Nocken- und Kurbelwellen fräst, entgratet und poliert. Sein ungewöhnlichster Auftrag: über 70 Türgriffe, die ein arabischer Prinz für seinen Palast im Oman bei ihm orderte. „Aufgrund der vielen Details war eine Klinke 27 Stunden auf der Maschine“, erinnert sich Vergote. Als während der Pandemie einer seiner wichtigsten Kunden plötzlich wegfiel, stieß der Belgier in neue Branchen vor und stellt nun auch Kamera- und Objektivgehäuse sowie -träger für Satelliten her. Vergote mag besonders die komplexen Aufträge und findet, dass es keine unlösbaren Aufgaben gebe. Er verlässt sich dabei auf sein Know-how und seine Erfahrung sowie auf seinen Maschinenpark, mit dem er Geometrien und Oberflächen in der geforderten Güte und Genauigkeit fertigen kann. Und er investiert gerne, um sein Unternehmen weiterzuentwickeln. Daher stieg Vergote 2011 in die 5-Achs-Technologie ein und kaufte 2012 sein erstes Bearbeitungszentrum, eine C 30 U, der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG – er vertraute damals der Empfehlung eines Freundes und ist seitdem von der Performance und dem Service überzeugt.

Bravotech erweitert seinen Maschinenpark regelmäßig – meist um ein neues Bearbeitungszentrum von Hermle.

Seit Oktober 2021 performt die C 52 U so, wie es Bravotech erwartet hat.

Die C 52 U von Hermle fräst feinste Strukturen in die Oberfläche, die dem Koffer später seine typische Struktur geben.

Viel Platz für Präzision

Seitdem erweitert er regelmäßig seinen Maschinenpark um Fräszentren aus Gosheim: 2013 kaufte er eine C 400 U, 2015 folgte eine C 12 U sowie eine C 52 U. Seit 2017 arbeitet eine C 42 U, seit 2018 eine weitere C 400 U in Oudenaarde. Im August 2021 bestellte er die siebte Anlage, eine zweite C 52 U. Auf ihr bearbeitet er die gleichen Aufträge wie auf der 2015 gekauften Version, die er damals nur aus einem Grund benötigte: Einer seiner mittlerweile wichtigsten Kunden, ein Hersteller von Koffern, forderte von ihm mehr Qualität in kürzerer Zeit. Wie es dazu kam? Die Zusammenarbeit mit den Reisegepäckherstellern begann mit einfacheren und kleineren Werkzeugkomponenten. Mit der Zeit wuchsen die Bauteile in der Größe und Komplexität und der Anspruch des Auftraggebers. „Bevor wir die C 52 U hatten, dauerte die Bearbeitung eines kompletten Formwerkzeugs acht Wochen. Das war dem Auftraggeber zu lange. Was wir brauchten, war ein Bearbeitungszentrum, das uns Zeit bei der Nachbearbeitung spart und genug Platz für Formwerkzeuge aller Koffergrößen bietet“, erklärt Vergote. Zudem musste die Maschine es schaffen, die feinsten Details in der Oberfläche exakt auszuarbeiten. Vergote verlässt kurz den Raum und holt eine Kofferschale: Erst aus der Nähe sind die dünnen Linien zu erkennen, die dem Koffer später seine einzigartige optische Textur geben. „Was hier wie eine textile Struktur aussieht, fräst die Hermle in die Oberfläche des Formwerkzeugs. Früher mussten wir die Formen aufwändig von Hand nachbearbeiten. Heute braucht die C 52 U je nach Werkzeuggröße lediglich zehn Tage und arbeitet dabei sehr präzise. Wir sparen viel Handarbeit und erreichen eine deutlich bessere Oberflächengüte“, erläutert der 42-Jährige Unternehmer.

Wer regelmäßig investiert, braucht auch den Platz dafür: 2015 musste Bravotech umziehen. Zunächst kaufte Vergote nur einen Teil des heutigen Firmenkomplexes. Mit der Zeit erweiterte er seine Produktionsfläche durch Zukauf und Anmietung der angrenzenden Hallen. Seit September 2022 belegt er den gesamten Gebäudekomplex. Dass Vergote weiterhin expandieren kann, ist seiner Flexibilität, dem Know-how und seinem Mut zum Risiko zuzuschreiben. Denn die Corona-Krise ließ die Auftragslage einbrechen. Vergote nutzte die Zeit und investierte viel in Software, Schulungen und Maschinen. „Ich wollte nach der Corona-Krise professioneller, besser und effizienter durchstarten können“, erklärt Vergote. Rückblickend gibt er zu, er sei zu viel Risiko eingegangen und habe zu viel zu einer Zeit investiert, in der viele Aufträge wegfielen. Keiner wusste damals, wie lange diese Phase andauern werde. „Aber es ist auch ein Adrenalin-Kick und hat sich am Ende ausgezahlt“, gibt der belgische Unternehmer zu.

Seit der Corona-Pandemie fertigt Bravotech auch Komponenten für Satelliten.

Vom Plan der aufgeht und neuen Zielen

Sein Plan ging auf: Die Auftragslage stieg zum richtigen Zeitpunkt wieder an, der Kofferhersteller verlagerte seine Produktion nach Belgien und beauftragte Bravotech mit zwei neuen Kofferlinien. „Dadurch waren wir im vergangenen Jahr so ausgelastet, dass wir in eine weiter C 52 U investieren mussten“, berichtet Vergote. Denn auf der größten seiner Hermle-Maschinen fertigt Bravotech mittlerweile auch die Objektiv- und Sensoren-Träger – optische Bank genannt – für die Raumfahrtindustrie und großvolumige Prototypen für einen Kompressoren- und Pumpenhersteller.

„Hermle ist für uns einer der wichtigsten Partner“, erklärt Vergote gegen Ende des Gesprächs. Grund dafür ist nicht nur die große Anzahl an Bearbeitungszentren aus Gosheim, sondern auch der persönliche Kontakt zu John Verlinden, der für den Hermle-Vertrieb in Belgien zuständig ist. Ihn ruft Vergote an, wenn eine seiner Maschinen ein Problem hat oder wenn er sich über neue Technologie austauschen möchte. Sein neuestes Ziel: Er möchte in die Fertigung für die Halbleiterindustrie einsteigen, die in den Niederlanden boomt und in Belgien noch nicht stark vertreten ist.

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